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Armeechef rührt an einem Tabu: Militärdienst für Ausländer

Gespeichert von Bosshard Daniel am 25. Juni 2020 - 22:18

 

https://www.tagesanzeiger.ch/herr-suessli-herrscht-in-der-armee-eine-macho-kultur-167447539523

 

Interview mit Thomas SüssliArmeechef rührt an einem Tabu: Militärdienst für Ausländer

Thomas Süssli verteidigt den Auftritt der ersten Schweizer Kampfjetpilotin im Abstimmungskampf. Und er sagt, wie der Corona-Einsatz verlaufen ist.

Markus Häfliger, Christoph Lenz

«Mein Ziel ist: eine Schweizer Armee für alle»: Thomas Süssli.

Letzte Woche hat das Parlament überraschend entschieden, den Zugang zum Zivildienst nicht zu erschweren. Wie schlimm ist das für die Armee? 

Der Zivildienst ist nicht unser Gegner. Für die Sicherheit der Schweiz braucht es viele, auch den Zivildienst. Aber: Alle Akteure brauchen genügend Geld und Personal, auch die Armee. Und das Personal macht uns im Moment grosse Sorgen.

Sie warnten vor kurzem, der Armee würden bis 2030 rund 30’000 Soldaten fehlen, ein Viertel des Bestandes. Wie lösen Sie jetzt dieses Problem?

Das Nein des Parlaments zum Zivildienstgesetz stellt uns vor eine neue Situation. Aber wie bereits vorher geplant will der Bundesrat noch dieses Jahr in einem Bericht mögliche Massnahmen für Zivilschutz und Armee aufzeigen.

Ihr Vorgänger, Philippe Rebord, sagte, der Zivildienst sei zu attraktiv. Finden Sie das auch?

Viele Junge haben heute den Eindruck, es bestehe Wahlfreiheit zwischen Armee und Zivildienst. So war es natürlich nicht gedacht, als man 2009 die Gewissensprüfung abgeschafft hat.

Also ist der Zivildienst zu attraktiv?

Die Armee ist attraktiv. Viele sehen in ihr eine Herausforderung, an der sie persönlich wachsen können. Und sie sehen in der Armee Sinn, weil sie der Sicherheit der Schweiz dient. Ich finde es aber auch gut, wenn Junge sich anderswo für unser Land engagieren. Armee und Zivildienst ziehen unterschiedliche Profile an.

«Als Milizarmee kommen wir, wenn es uns braucht, machen unsere Aufgabe und gehen wieder heim.»

Was tun Sie, um die Attraktivität der Armee zu erhöhen?

Noch einmal: Die Armee ist attraktiv. Viele kommen gern, machen gern Dienst, machen auch weiter. Uns muss aber gelingen, den Sinn der Armee wieder besser zu vermitteln: Wir wollen jedem und jeder erklären, was sie hier für die Sicherheit der Schweiz tun.

Hat die Corona-Pandemie an der Wahrnehmung der Armee etwas verändert?

Sehr stark! Am Ende jeder RS machen wir eine Umfrage. Die Resultate sind eindeutig: Die «Corona-Generation» sieht mehr Sinn als frühere Rekrutenjahrgänge.

War Corona ein Glücksfall für die Armee?

Als Glücksfall würde ich eine Pandemie nicht bezeichnen. Als Milizarmee kommen wir, wenn es uns braucht, machen unsere Aufgabe und gehen wieder heim.

Viele der aufgebotenen Soldaten kamen nie zum Einsatz und sassen nur herum.

Die Armee hat auf Unterstützungsgesuche der Kantone reagiert und entsprechend Leute aufgeboten. Dabei hatten die Verantwortlichen die Bilder aus Bergamo und dem Tessin vor Augen. Nachher kam es weniger schlimm als befürchtet, die Armee musste aber immer eine Einsatzreserve bereithalten. Dass wir sie am Ende nicht brauchten, war ein Glücksfall. Wenn man das den betroffenen Soldaten erklärt hat, haben es viele verstanden.

«Ich habe in der Armee noch nie Ablehnung gegen Frauen gespürt»: Thomas Süssli.

Welche Lehren ziehen Sie aus dem Corona-Einsatz?

Grössere Probleme bei der Mobilmachung und im Einsatz sind nicht aufgetreten. Verbesserungen haben wir laufend vorgenommen. Die Milizarmee hat eindrücklich funktioniert. Wir haben die Truppen erstmals per SMS aufgeboten, und innert einer Stunde antworteten 80 Prozent. 91 Prozent rückten schliesslich ein. Nur rund 40 der über 5000 Aufgebotenen mussten wir der Militärjustiz melden.

Bundesrätin Viola Amherd hat Sie beauftragt, ein Gender-Konzept für die Armee zu erarbeiten. Mit welchem Ziel?

Die Armee macht heute schon vieles für die Integration von Frauen. Es fehlt aber eine Gesamtstrategie. Diese erarbeiten wir jetzt. Wir beschränken uns dabei aber nicht nur auf den Gender-Aspekt. Mein Ziel ist: eine Schweizer Armee für alle.

Was heisst das?

Für alle, die einen Beitrag für die Sicherheit der Schweiz leisten wollen, gibt es in der Armee einen Platz. Für jede und jeden, egal, welcher Religion, welcher Sprache, welchen Geschlechts. Es geht um Diversity, auch körperlich: Ein Cybersoldat muss physisch nicht die gleichen Anforderungen erfüllen wie ein Infanterist. Heute schaffen es solche Spezialisten oft nicht einmal in die Armee.

Heisst das zum Beispiel, es gibt künftig auch Armee-Imame für Muslime?

Solche Massnahmen könnten ein Teil des Konzepts sein. 

Umfasst «alle» auch Ausländer?

Ich will eine Armee für alle, die wollen und können. Heute schliesst die Verfassung Ausländer aus. Voraussetzung für den Militärdienst ist das Schweizer Bürgerrecht. Ich kann mir aber vorstellen, dass wir längerfristig auch das prüfen werden, im Moment ist es aber kein Thema.

Die Lösung für all Ihre Bestandesprobleme wäre einfach: die allgemeine Wehrpflicht für Männer und Frauen.

Es ist falsch, Frauen nur als Lösung für das Bestandesproblem zu sehen. Wir erleben Frauen in der Armee als speziell motiviert und engagiert. Oft bringen sie auch neue Denkweisen ein. Sie tun unserem System gut. 

«Unsere Vision ist: 10 Prozent Frauenanteil bis 2030. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein Umdenken natürlich nötig.»

Die Diskussion um ein neues Wehrpflichtmodell läuft seit Jahrzehnten, aber es gibt nie einen Entscheid. Vielleicht will die Armee die Frauen gar nicht?

Sicher schon! Bei unserer Friedenstruppe Swisscoy in Kosovo beträgt der Frauenanteil rund 20 Prozent. Und die Erfahrungen sind super. Ich selber komme aus der Sanität, wo der Frauenanteil ebenfalls höher ist als in anderen Truppengattungen. Ich habe in der Armee noch nie Ablehnung gegen Frauen gespürt.

Aber es gibt eine Machokultur in der Armee.

Nein. 

An Bahnhöfen sieht man Soldaten mit Jux-Abzeichen, auf denen halbnackte Frauen abgebildet sind.

Unsere Armee ist gross, es kann immer Einzelfälle geben. Aber solche Abzeichen sind weder erwünscht noch toleriert. Im Berufskorps spüre ich sehr viel Unterstützung für einen höheren Frauenanteil. Unsere Vision ist: 10 Prozent Frauenanteil bis 2030. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein Umdenken natürlich nötig. 

Fanny Chollet, die einzige Kampfjetpilotin, wirbt jetzt für ein Ja zum Kauf neuer Kampfjets. Auch Germaine Seewer, die erste Divisionärin, ist derzeit öffentlich sehr präsent. Setzt die Armee diese Frauen gezielt ein?

Ja. Frauen fühlen sich eher abgeholt, wenn sie von Frauen angesprochen werden. Frauen brauchen auch weibliche Vorbilder. Darum ist es sehr wichtig, dass wir unsere Frauen als Botschafterinnen einsetzen.

Fanny Chollet und Germaine Seewer dienen Ihnen also als Marketinginstrument, um der Bevölkerung die neuen Kampfjets zu verkaufen?

Überhaupt nicht. Viele männliche Armeeangehörige gehen mit diesem Thema unters Volk. Da darf auch Frau Chollet auftreten. Sie ist auch deshalb eine gute Botschafterin, weil sie beweist: Als Frau kann man in der Armee jede Position erreichen.

Ihr Auftritt für den Kampfjetkauf löst eine Kontroverse aus: Fanny Chollet, die erste Kampfjetpilotin der Schweiz. 

Seit 2010 stieg der Frauenanteil von 0,5 auf 0,8 Prozent. 10 Prozent bis 2030 ist sehr, sehr ambitioniert. 

Richtig. Aber nur wenn man eine Vision hat, muss man sich auch Gedanken machen, wie man sie erreicht. Da braucht es die richtige Kultur, die richtigen Massnahmen bei der Rekrutierung, aber auch bei der Infrastruktur. 

Sie waren vorher der oberste Cyberkrieger der Armee. Es ist eine Ironie, dass Sie als Armeechef nun für Milliarden traditionelle Hardware kaufen müssen: Kampfjets, Panzer. 

Die neue Armee 2030 wird sehr digital sein. Alle Waffensysteme, auch die mechanisierten, haben heute zentrale digitale Komponenten. Cyber schützt alle Systeme. Die Armee ist ein Gesamtsystem. Jetzt hatten wir die Corona-Krise. Wir wissen aber nicht, was die nächste Krise ist oder wann sie kommt. Wir müssen unsere Armee daher so erhalten, dass sie auf alle Krisen ausgerichtet ist. 

«In der Armee haben wir tiefere Löhne als im Banking, aber auch mehr Jobsicherheit. Und mehr Erfüllung.»

Nach Corona fragt man sich dennoch, ob es sinnvoll ist, so viel Geld für Kampfjets zu investieren, das dann nicht für andere Zwecke zur Verfügung steht.

Von 2023 bis 2032 sind Investitionen von 15 Milliarden Franken vorgesehen: 6 Milliarden für Kampfjets, 2 Milliarden für die Boden-Luft-Verteidigung, 7 Milliarden für die Bodensysteme. Es ist ein Gesamtsystem. Da kann man nicht einfach einen Teil forcieren oder weglassen. 

Wäre es nicht schlauer, den Corona-Schuldenabbau zu antizipieren und eine Verzichtsplanung zu machen?

Die Landesverteidigung ist ein Auftrag der Politik. Was wir mit der Politik führen müssen, ist der Fähigkeitsdialog. Wir müssen aufzeigen, welche Fähigkeiten wir brauchen, um weiterhin die Neutralität und Souveränität in der Luft sicherstellen zu können. 

Sie waren zwanzig Jahre lang Banker, haben erlebt, wie sich das Geschäftsmodell komplett verändert hat, wie das Bankgeheimnis gefallen ist, Grossbanken untergingen. Was bringt Ihnen diese Erfahrung in der Armee?

Ich habe gesehen, wie sich die ganze Branche digitalisiert hat. Vom ersten Grossrechner bis zum digitalen Cloud-Banking. Das war eine wichtige Erfahrung, nicht nur technologisch, auch kulturell. Das Banking war ja traditionell sehr bewahrend, ähnlich wie die Armee. 

Warum haben Sie zum Militär gewechselt?

2014 bin ich nach Singapur ausgewandert, um für die Bank Vontobel in Asien das Investmentbanking aufzubauen. Auf einem Heimaturlaub schrieb mir der damalige Armeechef ein SMS und bat um ein Treffen. Er bot mir an, das Kommando der Logistikbrigade zu übernehmen. Nach zwanzig Jahren im Banking bekam ich damals die Gelegenheit, direkt einen Beitrag zur Sicherheit unseres Landes zu leisten. Es war ein Herzensentscheid.

Auf wie viel Lohn mussten Sie verzichten?

Wir verdienen hier alle gut im öffentlichen Dienst. In der Armee haben wir wohl tiefere Löhne als im Banking, aber auch mehr Jobsicherheit. Und mehr Erfüllung

Kategorien: 
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